Donnerstag, 29. März 2012

Die Billionen-Brandmauer

Der OECD-Think Tank fordert nun die Ausweitung des "Rettungschirmes" auf 1000Millarden Euro, um die Märkte zufrieden zu stellen.
Der aufmerksame Leser wird feststellen, das dieser Schritt für mich nicht unerwartet kommt. Warum wird auch eine Bürgschaft von 1000Billionen nicht ausreichen?
Weil die Bereitschaft Geschenke anzunehmen unendlich ist.
Die Einstellung "ich leihe xy nur zu 6% Zinsen Geld und nicht zu5%" kein Angriff auf irgendjemanden ist, sondern Ausdruck meiner Präferenzen. Wenn diese 1% Differenz von einem Dritten übernommen werden, ist dies ein Geschenk an mich und ändert meine Präferenzen nicht (ich bin weiterhin nur bereit für 5% zu verleihen). Kreditgeber und Kreditnehmer teilen sich dieses Geschenk und sind im üblichen Sprachgebrauch "der Markt". Zu diesem Markt müßte man ehrlicherweise einen direkt Beteiligten hinzuzählen, nämlich denjenigen, dem diese 1% weggenommen werden.
Das dieses System des Verschenkens und Stehlens nicht "nachhaltig" sein kann, muß nicht nocheinmal beschrieben werden (einerseits größere Bereitschaft zum  Ausleihen, andererseits immer geringere Bereitschaft des realen Leihens, verstärkt durch den unvermeidlichen Preiseffekt).
Betont werden muß aber der Charakter der Parteilichkeit und der Vetternwirstchaft. Man spricht gerne vom"Markt" zu verschleiern, das es eine bestimmte Klientel ist, die in unverschämter Weise vom Staat bevorzugt wird. Wenn dem nicht so ist, möge man mir bitte auch eine Millarde Euro zu einem Zins von 0,25% leihen, und ich verspreche diese Millarde der spanischen Regierung zu einem Zins von 5% zur Verfügung zu stellen, falls meine Millarde durch die Brandmauer abgesichert ist, vielen  dank......

Wenn man vor diesem Hintergrund die Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer betrachtet, wird alles noch absurder. Staatliche Anleihen werden ausgenommen, d.h. jemand, der eine Aktie kaufen will, wird bestraft und soll dazu getrieben werden, spanische Anleihen zu einem Kurs von 4% zu kaufen.
Wird staatlicherseits versucht den Aktienmarkt zu stabilisieren, betreibt man zumindest keine so explizite Subventionierung einzelner Gruppen wie im Fall der Aufkäufe staatlicher Anleihen durch die Notenbank.




siehe folgendes Interview mit einem Mann vom Fach im Deutschlandfunk:


Wirtschaftswissenschaftler plädiert für Erhöhung der deutschen Haftung beim Stabilitätsmechanismus

Henrik Enderlein im Gespräch mit Gabi Wuttke

Das derzeitige Volumen des Rettungsschirms sei nicht groß genug, um das Vertrauen der Finanzmärkte zu gewinnen, sagte Henrik Enderlein von der Hertie School of Governance. Deutschland könne ein Signal setzen und dafür sorgen, "dass das Feuer aus ist".
Gabi Wuttke: Der Fiskalpakt, aber auch der zweite Euro-Rettungsschirm - heute debattiert der Bundestag in erster Lesung über sehr, sehr viel Geld. Das Ja der Kanzlerin, den Rest aus dem ersten Rettungsschirm bereitzuhalten, während der ESM für die nachhaltige Stabilisierung Europas sorgen soll, das dürfte im Mittelpunkt stehen. Am Telefon ist der Politik- und Wirtschaftswissenschaftler Henrik Enderlein von der Hertie School of Governance, einen schönen guten Morgen!

Henrik Enderlein: Guten Morgen!

Wuttke: Sie haben schon länger für diese Zusammenlegung plädiert. Warum ist das für Sie die richtige Entscheidung?

Enderlein: Ja, es gibt zwei zentrale Gründe: Der erste ist, dass wir immer noch nicht einen Rettungsschirm haben, der groß genug ist, um den Finanzmärkten klar zu signalisieren, dass in Spanien, in Italien, in Griechenland, in Portugal und in Irland nichts mehr anbrennen kann. Diese 500 Milliarden, die bislang auf dem Tisch waren, die waren einfach immer zu wenig, um die Märkte zu überzeugen, auch weil sie zu spät kamen, um die Märkte zu überzeugen, dass diese Krise vorbei ist. Der zweite wichtige Aspekt ist: Jetzt sieht es so aus, als könnte sich die Krise langsam beruhigen. Das heißt, die Flammen lodern nicht mehr, sondern es ist nur noch glimmende Glut. Und da hat man zwei Möglichkeiten: Entweder, man nimmt das Risiko in Kauf, dass es wieder loslodert, und fängt erst dann an zu löschen, oder man erstickt die Glut und sorgt dafür, dass das Feuer aus ist.

Wuttke: Wenn Sie ein ganz klein bisschen optimistisch sind, warum fordern dann die OECD plötzlich eine Brandmauer von einer Billion?

Enderlein: Na, aus dem gleichen Grund, den ich gerade angesprochen habe: Es geht ja hier nicht um Geld, das man verliert, es geht um Garantien. Das heißt, Deutschland könnte heute ein Signal setzen und sagen, wir haben es mit dieser Euro-Rettung immer ernst gemeint. Und gerade jetzt am Schluss, wo man merkt, die Krise könnte sich beruhigen, geht es darum zu sagen, jetzt schieben wir noch mal den nötigen Schwung an Garantien hinterher, damit auch klar ist, jetzt ist diese Krise vorbei. Wenn man das jetzt nicht tut, wenn man jetzt wieder zaudert, dann kommt ein Moment, wo wieder die Frage gestellt wird, ja, meinen es die Deutschen denn ernst, ja, wie stehen denn die Deutschen da, wenn plötzlich in Spanien ein Problem entsteht? Und dann ist die Krise ganz automatisch wieder da. In den letzten zwei Jahren haben wir immer dieses Spiel gehabt, dass lange gezaudert wurde, dass oft Entscheidungen zu spät getroffen wurden und dass wir die Krise deshalb über zwei Jahre verschleppt haben. Das hat viel an Wachstumsprozenten gekostet, das hat auf den Aktienmärkten zu deutlichen Einbrüchen geführt, die Unternehmen haben weniger produziert und umgesetzt. Diese Kosten sollten wir auch in Betracht ziehen, wenn wir eine Gesamtbilanz dieser Krise im Augenblick versuchen herzustellen.

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